Benutzerdefinierte Zielgruppen

Facebook hat gerade bekanntgegeben, dass es Politikern weiterhin erlauben wird, bezahlte Anzeigen auf der Plattform zu schalten und dass es auch keine Pläne gibt, das Mikrotargeting zu begrenzen – trotz des enormen Drucks, die Richtlinien diesbezüglich zu ändern. Benutzer haben aber seit Kurzem die Möglichkeit über ihre Einstellungen Wahlwerbung und Zielgruppen-Targeting nicht gezeigt zu bekommen.

Mikrotargeting war zwar in letzter Zeit oft Thema in der Berichterstattung – insbesondere in Bezug auf Wahlwerbung –, allerdings wissen viele trotzdem nicht, wie es funktioniert. Plattformen wie Facebook sammeln große Mengen an Informationen über Individuen und nutzen die so angehäuften Daten, um Zielgruppen von Werbetreibenden zu erreichen und zu beeinflussen.

Sicher, Mikrotargeting kann Ihnen helfen, Ihr neues Lieblings-Shampoo zu finden. Doch gerade in der Wahlwerbung kann es zu Problemen führen, da es zur Verbreitung von Fehlinformationen und digitaler Manipulation beiträgt und so die demokratischen Prozesse gefährdet. Das geschieht auf unterschiedliche Art und Weise. So kann es vorkommen, dass eine Partei eine problematische Kampagne schaltet. Noch öfter jedoch sind es Außenseitergruppierungen, die trügerische Kampagnen schalten, um mit Fehlinformationen zu polarisieren und Wahlen zu beeinflussen.

Facebook definiert Wahlwerbung wie folgt: Anzeigen oder Werbung, die von einem Kandidaten für ein öffentliches Amt finanziert werden, über ihn informieren oder in seinem Namen geschaltet werden oder ein bestimmtes Wahlergebnis bewerben. Das ist zwar auf den ersten Blick eine klare Definition, Facebook bezieht aber außerdem Werbung über soziale Themen oder Referenden ein oder solche, die Wähler zum Wählen auffordert.

Wie funktioniert Mikrotargeting auf Facebook also? Für das Anzeigen-Targeting werden gesammelte Daten genutzt, um Zielgruppen in verschiedene Kategorien einzuteilen: demografisch, geografisch, nach Einkommen und viele mehr. Diese Daten können direkt gesammelt, von einer Drittpartei gekauft oder über eine Person geschlussfolgert werden. Beim Mikrotargeting werden verschiedene Sätze personenbezogener Daten kombiniert, um Nutzer in Gruppen einzuteilen und gezielt anzusprechen. Dabei wird zunehmend in die Privatsphäre eingedrungen.

Zielgruppen können über Facebooks Anzeigenplattform auf vielerlei Weise erstellt und angesprochen werden. So können Werbetreibende ihr Messaging mithilfe des Mikrotargetings präziser auf bestimmte Zielgruppen zuschneiden. Das bedeutet allerdings auch, dass die Privatsphäre der Nutzer gefährdet und die Rechenschaftspflicht von Unternehmen umgangen werden können. Facebook hat verschiedene Tools fürs Targeting, darunter folgende:

Mit Custom Audiences können Werbetreibende ihre Listen hochladen und eine Zielgruppe bestimmen, die sie erreichen (oder ausschließen) wollen. Auf Facebook können Personengruppen dabei auch in Custom Audiences eingeteilt werden, die über den Datenverkehr und Pixel auf einer Website außerhalb von Facebook identifiziert wurden. Das bedeutet, dass Ihre Daten auch auf Facebook landen können, wenn Sie auf anderen Websites unterwegs sind. Es bedeutet auch, dass Unternehmen und Organisationen, die Ihre E-Mail-Adresse vorliegen haben, Sie damit auf Facebook finden und gezielt ansprechen können. Für Wahlkampagnen können Unternehmen und Organisationen außerdem gekaufte Wählerdaten hochladen und diese mit anderen ihnen vorliegenden Informationen über Sie abgleichen. Im Januar gab Facebook bekannt, dass Nutzer künftig bestimmen können, welche Anzeigen ihnen basierend auf Custom Audiences gezeigt werden.

Lookalike Audiences

Lookalike Audiences ist ein Facebook Tool, mit dessen Hilfe Werbetreibende eine Liste oder eine Zielgruppe hochladen und definieren können, um dann mit einem komplexen Algorithmus eine Zielgruppe zu bestimmen, die wahrscheinlich genau so stark auf das Messaging anspringt, wie die Quell-Zielgruppe. Zum Beispiel könnte ein Werbetreibender eine Zielgruppe bestimmen („Leute, die die Beach Boys mögen“) und dann mit Facebooks Lookalike-Tool – angetrieben durch einen Black-Box-Algorithmus – Personen mit ähnlichen Merkmalen bestimmen und ansprechen, die nicht Teil der Quell-Zielgruppe waren.

Das sind nur zwei Möglichkeiten, mit denen Facebook und andere Werbeplattformen Werbetreibenden ermöglichen, ihre Zielgruppen zu bestimmen und anzusprechen. Werbetreiber können ihre Zielgruppen auch mittels Interessen und Demografie ansprechen.

Mikrotargeting ist im Zusammenhang mit Wahlwerbung in den Blickpunkt geraten, weil große Tech-Unternehmen nach Möglichkeiten suchen, effektiv gegen Fehlinformationen in Wahlperioden vorgehen zu können. Facebook wurde monatelang für Mark Zuckerbergs Aussage kritisiert, dass Anzeigeninhalte, die von zur Wahl stehenden Kandidaten geschaltet werden, nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Zwar sollten politische Organisationen, inklusive 527er-Gruppen – politische Gruppen oder Parteien, die Zuwendungen aus legalen Quellen ohne Höhenbegrenzung annehmen dürfen und nicht der Federal Election Commission (FEC) in den USA unterstehen –, theoretisch durch Facebook überprüft werden. Allerdings kommen sie immer noch mit offensichtlichen Fehlinformationen in mit Mikrotargeting geschalteten Anzeigen durch.

Mikrotargeting hat weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft auch über Wahlwerbung hinaus, da es zu weitverbreiteter Diskriminierung beitragen kann. Unsere Freunde von Ranking Digital Rights haben Plattformen dazu aufgerufen, Targeted Advertising generell abzustellen, damit Leute diese Form der Werbung immer erst selbst in ihren Einstellungen aktivieren müssen.

Politische Debatten sind essenziell wichtig für den demokratischen Diskurs. Im Gegensatz zu Fernsehwerbung verhindert Mikrotargeting allerdings eine öffentliche Diskussion und verkauft Fiktion als Fakt. Deshalb ruft Mozilla Online-Plattformen dazu auf, Wählermanipulation zu minimieren und Wahlwerbung so weit zu begrenzen, dass sie zu einer öffentlichen Debatte beiträgt.


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