Sie genießen einen ruhigen Abend, als plötzlich Ihr Telefon vibriert und Sie den bekannten Benachrichtigungston „Bloop“ vernehmen. Ihre Video-Türklingel-App hat sich gemeldet. Doch statt eines Nachbarn oder Paketzustellers schaut Ihnen auf dem Bildschirm ein verdächtig aussehender Fremder entgegen. Wenn Sie jetzt prüfen können, wer da vor Ihrer Tür steht, ohne die Tür öffnen zu müssen, fühlen Sie sich schon ein wenig sicherer und können sich auch dazu entschließen, die Tür nicht zu öffnen.
Die Hersteller von Video-Türklingeln möchten, dass Sie über ein solches Szenario nachdenken, wenn Sie den Kauf eines ihrer Produkte in Betracht ziehen. Aber brauchen Sie wirklich eine Video-Türklingel? Und worauf verzichten Sie, wenn Sie sich für eine solche Art von „Rückversicherung“ entscheiden? Hier sind einige wichtige Fragen, die Sie sich vor dem Kauf einer Video-Türklingel stellen sollten.
Brauche ich wirklich eine?
Bewerten Sie Ihren normalen Tagesablauf und die Tagesabläufe aller Haushaltsmitglieder. Wenn Sie technisch versierte Kinder zu Hause haben, kann eine Video-Türklingel eine gute Vorsichtsmaßnahme darstellen, um zu verhindern, dass sie Fremden die Tür öffnen. Vielleicht besuchen Sie aber auch täglich Ihre Nachbarn oder erwarten regelmäßige Paketlieferungen, für die Sie unterschreiben müssen. Mit einer Video-Türklingel können Sie sich viele Kopfschmerzen ersparen, weil Sie den Zusteller nicht mehr verpassen.
Wenn Sie jedoch wenig Besuche erhalten oder andere Möglichkeiten zur Überprüfung haben, wer da vor Ihrer Tür steht (z. B. eine Gegensprechanlage, ein Guckloch oder gute altmodische Fenster), oder ohnehin vorsichtig sind, für wen Sie die Tür öffnen (es ist schon eine verrückte Welt da draußen), dann ist der Erwerb einer Video-Türklingel für Sie wohlmöglich unnötig.
Ihre Entscheidung sollte auf Ihrem persönlichen Anspruch an Komfort und Sicherheit beruhen, erklärte Jen Caltrider, Leiterin der Mozilla-Initiative *Datenschutz nicht inbegriffen (Privacy Not Included, PNI), die den Datenschutz und die Sicherheit über das Internet vernetzter Produkte überprüft.
„Wenn Sie sich eine Video-Türklingel anschaffen möchten, um sich in Ihrem eigenen Zuhause sicherer zu fühlen, dann sollten Sie dies auf jeden Fall tun“, bestätigt sie. Aber nicht alle Video-Türklingeln bieten die gleichen Sicherheits- und Datenschutzfunktionen. Deshalb ist es wichtig, sich vor Ihrer Entscheidung gut zu informieren.
Welche Marken sollte ich in Betracht ziehen?
Misha Rykov, der ebenfalls im PNI-Team tätig ist, führte kürzlich einen Test acht beliebter Video-Türklingeln durch, die derzeit auf dem Markt sind.
Die Smart Video Doorbell von Netatmo übertrifft alle anderen Produkte, erläuterte er. Da Netatmo seinen Sitz in Europa hat, muss das Unternehmen im Hinblick auf den Datenschutz und die Verwendung der Verbraucherdaten die strengen Bestimmungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einhalten.
Wenn er auf der Suche nach einer Video-Türklingel wäre, würde er sich dieses Produkt unbedingt ansehen wollen, erklärte Misha Rykov weiter. Alle Videos werden lokal aufgezeichnet und auf einer verschlüsselten Micro-SD-Karte (und nicht in der Cloud) gespeichert. Das ist sicherer und macht Ihre Daten weniger anfällig gegen Sicherheitsverletzungen und Hackerangriffe. Außerdem bietet Netatmo Ihnen die Möglichkeit, Ihre Daten auf Wunsch auf Dropbox zu speichern.
Von allen getesteten Türklingeln schnitt die Türklingel Ring von Amazon am schlechtesten ab. Wegen ihrer fehlenden Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und der Tatsache, dass das Unternehmen in der Vergangenheit Daten an Dritte weitergegeben hat, unter anderem an die Strafverfolgungsbehörden, erhielt diese Türklingel vom PNI-Team ein rotes Warnsymbol. Behauptungen, denen zufolge die Partnerschaft zwischen Ring und der Polizei dazu beigetragen hätte, die Kriminalität zu reduzieren, wurden angezweifelt. Außerdem bestehen anhaltende Bedenken, dass dieses Produkts möglicherweise Racial Profiling fördert.
Die Türklingeln von Google und Wyze gaben außerdem deshalb Anlass zur Sorge, weil diese Unternehmen in der Vergangenheit von Datenschutzverletzungen oder Sicherheitslücken betroffen waren.
Wohin gehen Ihre Daten?
Fünf der acht Türklingeln, die das PNI-Team verglich, boten keinerlei Informationen dazu, wie Sie Ihre Daten dauerhaft aus den jeweiligen Systemen löschen. Die Frage, wie lange diese Unternehmen Ihre Daten speichern, blieb ebenfalls unbeantwortet.
Sie müssen also bei Ihrer Kaufentscheidung sorgfältig vorgehen und gewährleisten, dass Sie sich über alle Speicher- und Datenschutzeinstellungen des Geräts im Klaren sind. Dies ist entscheidend dafür, Ihre Videoanrufdaten so sicher wie möglich zu halten.
Welches Risiko sind Sie bereit, beim Kauf eines Smart-Heimprodukts einzugehen?
Hersteller von Video-Türklingeln hören auf die Bedenken der Endanwender und verschärfen die Sicherheitsprotokolle für ihre Produkte, da sie die Datenschutzrisiken erkennen, die von solchen Smart-Produkten ausgehen können. Dies beinhaltet eine zusätzliche Zwei-Faktor-Authentifikation sowie die Erfordernis zur Eingabe starker Passwörter. Trotzdem ist kein Smart-Gerät vollkommen sicher.
„Alles lässt sich hacken“, merkte Misha Rykov hierzu an. Er stellte auch fest, dass alle von ihm getesteten Geräte künstliche Intelligenz (KI) zur Gesichts- oder Bewegungserkennung verwenden. Es lässt sich aber nicht verlässlich nachweisen, ob die KI genau genug arbeitet und vertrauenswürdig ist oder nicht. Bei der Identifikation von Personen kann die KI Fehler machen. Außerdem ergibt sich aus den Daten, dass farbige Mitbürger in der KI-Forschung bedauerlicherweise unterrepräsentiert sind.
Jen Caltrider ergänzte, dass es über die Sicherheit Ihrer persönlichen Daten hinaus auch umfassendere Überlegungen gibt. Welche Rechte haben beispielsweise Nachbarn, wenn sich die Reichweite einer Videokamera und eines Mikrofons bis auf ihr eigenes Haus ausdehnt? Ein aktuelles Urteil in Großbritannien stellte fest, dass eine Ring Video-Türklingel die Privatsphäre eines Nachbarn verletzte, so dass dem Besitzer der Türklingel ein Schadensersatz in Höhe von mehr als 137.000 USD droht.
Laut Jen Caltrider muss jeder Endanwender selbst die Entscheidung treffen, ob eine Video-Türklingel, die zum Schutz Ihrer physischen Privatsphäre vorgesehen ist, die möglichen Risiken für Ihre digitale Privatspäre und Sicherheit wert ist.
„Eine Bewertung der Datenschutzrisiken im Vergleich zu den Vorteilen für die Heimsicherheit ist für jeden Verbraucher gut, bevor er ein Gerät kauft, das über das Internet vernetzt ist“, ergänzte Jen Caltrider.
Williesha Morris
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